Herzlich willkommen zu Teil 3 unseres vierteiligen Interviews mit Linda aus Berlin! Heute sprechen wir unter anderem über die Ernährung bei Morbus Basedow, aber auch darüber, warum die endgültige Therapie – Radiojodtherapie oder OP – für sie keine Lösung ist.
Übrigens, hier geht es zu den anderen Teilen des Interviews: Teil 1, Teil 2 und Teil 4. Viel Spaß! 🙂
Linda, was hat dich dazu bewegt, dich so ausführlich mit dem Basedow zu beschäftigen?
Bei meinem ersten Ausbruch hat einfach noch kein Arzt von einer OP gesprochen, ich habe einfach Thiamazol genommen und gut war’s.
Nach zwei Jahren dann, beim zweiten Ausbruch, wurde mir angeraten, über eine OP nachzudenken. Da habe ich dann begonnen, mich mit dem Basedow zu beschäftigen.
Hast Du unter Morbus Basedow auch etwas an deiner Ernährung geändert?
Ja.
Nach dem zweiten Ausbruch, als die Schilddrüsenwerte schon wieder gut waren, habe ich mit glutenfreier Ernährung angefangen. Darauf gekommen bin ich durch das Autoimmunprotokoll.
Für mich war das sehr gewöhnungsbedürftig, weil ich gern Vollkornbrot esse. Damals habe ich noch keine Intoleranzen (Anmerkung: zum Beispiel Gluten- oder Laktoseintoleranz) geprüft. Ich habe mich ein Jahr lang glutenfrei ernährt und es hat nichts an den TPO-Antikörpern geändert. Diese waren genauso hoch wie zuvor auch!
Mein Endokrinologe sagte, es gibt eine neue Studie, dass glutenfrei nicht so gut ist. Nur für Leute die wirklich Zöliakie haben. Ich hatte auch nie Probleme mit der Verdauung.
Erst nachdem ich meine glutenfreie Phase beendet hatte, habe ich auf Gluten- und Laktoseintoleranz getestet. Und ich habe nichts davon.
Allerdings habe ich auch eine Freundin mit Hashimoto und ihr geht’s besser, seit sie glutenfrei isst. Aber sie hatte auch immer Probleme mit der Verdauung: Blähbauch etc.
Ohne vorherigen Test würde ich niemandem einen blinden Glutenverzicht empfehlen.
Man kann auch einfach mal beim Hausarzt fragen, ob dieser so einen Test macht.
Und was hältst Du vom Autoimmunprotokoll?
Das Autoimmunprotokoll soll bei manchen helfen, ich esse aber alles, was dort verboten ist. Auberginen, Tomaten, etc. Es wäre für mich der letzte Schritt. Höchstens bei einem neuen Rezidiv würde ich das nochmal ausprobieren.
Eine OP oder Radiojodtherapie wäre keine Alternative für dich, richtig?
Absolut. Im Forum habe ich so oft gelesen wie schwierig es ist, die richtige Dosis von L-Thyroxin zu finden nach einer Radiojodtherapie. Manchmal geht es den Leuten schlechter als noch mit Schilddrüse und Überfunktion.
Man muss sein ganzes Leben lang diese Hormone nehmen.
Man muss immer dran denken, egal wohin man fährt. Der amerikanische Arzt (Anmerkung: Buch aus Teil 1 des Interviews) sagt, wenn die Schilddrüse funktioniert und man dann halt Remissionszeiten hat, dann geht das. Manche sind jahrelang in der Remission, manche kurz. Die Schilddrüse kann man immer noch herausnehmen lassen. Naja, ich bin länger in Remission als krank. Da frage ich mich auch, wozu soll ich jetzt eine OP oder Radiojodtherapie machen?
Ich glaube, es wird vielen Leuten die Schilddrüse rausgenommen, ohne dass es nötig wäre.
Genau.
Es geht einfach alles viel zu schnell. Man muss ja verschiedene Optionen ausprobieren. Der amerikanische Arzt empfiehlt die Mikrodosis an Hemmern, zum Beispiel Thiamazol, und das geht dann auch nicht so auf die Leber (Anmerkung: Laut gängigem Wissensstand heißt es, man soll die Hemmer aufgrund ihrer Nebenwirkungen nicht dauerhaft einnehmen. Dazu zählt auch eine Schädigung der Leber.).
Viele Ärzte machen Druck und wollen sofort weiterhandeln, wenn sie sehen, du hast ein Rezidiv.
„Ja, das kommt immer wieder. Einmal Basedow, immer Basedow. Das haben Sie Ihr ganzes Leben lang.“
Ja das ist klar, aber im Grunde gibt es viele Leute, die eine lange Phase der Remission haben. Man kann schon damit leben. Ich dachte mir auch, es gibt Frauen die ganz normal Kinder zur Welt bringen und keine Schilddrüse mehr haben, klar. Aber ich glaube es ist besser, wenn man noch die Schilddrüse hat, die genau so viele Hormone produziert wie nötig. Ich hab auch gelesen, dass viele Leute mit Schilddrüsenproblemen nach der Geburt keine Probleme mehr hatten – weil das Immunsystem sich beruhigt hat.
Der Immunologe liegt nicht verkehrt damit, das Immunsystem ein bisschen ruhigzustellen (Anmerkung: Niedrige Dosis Cortison, siehe Teil 2 des Interviews). Daher könnte es sein, dass das nächste Rezidiv auch deshalb nicht so schnell kommt. Eben, weil das Immunsystem nicht mehr so stark feuert.
Linda, was denkst Du: Woher kommt dein Basedow?
Zunächst einmal wegen der Genetik, also meiner Tante, die gerade Basedow hatte – und nicht Hashimoto. Die Schwester meines Vaters.
Und dann gab’s wahrscheinlich Trigger.
Es kam alles, nachdem ich umgezogen bin. Ich hatte Probleme mit dem ersten Job. Hier in Deutschland war ich nicht so ganz glücklich, nicht so selbstbewusst, ich fühlte mich eingeschüchert und dachte, ich muss es aushalten im Job, weil ich nichts mehr finden würde. Heute würde ich das nie wieder so machen, dass ich 2 Jahre in dem Job bleibe, damit es gut aussieht im Lebenslauf. Ich habe mittlerweile gelernt: Hier in Berlin kann man so viel machen, es gibt so viele Möglichkeiten. Und ich war so enorm gestresst. Ich glaube, dass Stress der Trigger war.
Die Voraussetzung war also die Genetik und Stress der Auslöser.
Genau. Und innere Unruhe.
Ich hatte so einenTatendrang. Auch mein Freund sagte: „Du kommst nie zur Ruhe!“
Und ich war früher auch tatsächlich so. Mittlerweile habe ich wenigstens die Hälfte meiner damaligen Aktivitäten reduziert, aufgegeben und ich würde nie wieder so leben wollen wie früher.
Auch auf Arbeit wollte ich immer alles am besten und allein machen. Ich habe nie um Unterstützung gebeten und mich verausgabt. Meine ganze Energie verbraucht.
Ich hatte auch so viele Hobbies, wollte immer alles lernen und habe weniger geschlafen.
Deswegen glaube ich auch, dass ich viele Voraussetzungen für den Rezidiv in meinem Leben selbst geschaffen habe.
Nach der Fehlgeburt habe ich mich auch schlecht gefühlt und nun versuche ich’s entspannter anzugehen. Diese Kinderwunschforen sind schlimm zu lesen. Die Frauen setzen sich so unter Druck und ich lese das jetzt auch nicht mehr so viel. Ich weiß, dass das meine Schilddrüse auch wieder aktivieren könnte.
Ich glaube, Ruhe und Gelassenheit sind das Wichtigste bei uns. Sport mache ich jetzt auch nicht mehr so viel. Wir joggen jetzt nicht mehr so viel, nur noch nach Lust und Laune.
Wir gehen viel spazieren: im Wald, am See, in botanischen Gärten. Im Grünen tut’s gut.
Ich mache auch Yoga, aber früher war ich ein Typ, der immer tausende Rituale hatte. Zum Beispiel nach dem (frühen) Aufstehen direkt ein Workout. Jetzt mach‘ ich, wenn ich Lust hab. Das habe ich gelernt, denn …
„Ich war ein typischer Morbus Basedow-Typ. Einfach ein viel zu aktiver Typ vom Charakter.“
Man muss bei Basedow mehr an sich denken, ein Gleichgewicht finden.
Ich dachte mir auch immer: „Ich habe so viel Energie, ich kann gar nicht krank sein.“
So ging es mir auch. Ich hatte so einen Eindruck, ich muss ständig was machen und immer beschäftigt sein.
Fortsetzung folgt!
Im kommenden letzten Teil des Interviews darfst Du dich unter anderem auf die Antwort zu der Frage freuen, wie der Basedow Lindas Leben verändert hat. Edit: Hier geht’s zu Teil 4! 🙂
Danke, Linda! Bis nächsten Mittwoch!
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