Nachdem Du Linda im ersten Teil dieses Interviews bereits kennengelernt hast, folgt hier nun der zweite Teil! Heute im Fokus: Der Kinderwunsch unter Morbus Basedow. Außerdem sprechen wir noch einmal über Lindas stärkste Symptome.
Übrigens: Hier geht es zu Teil 3 und hier zu Teil 4. Viel Spaß! 🙂
Liebe Linda – Du sagst, Du hast einen Kinderwunsch.
Ja. Durch die instabilen Schilddrüsenwerte haben wir den Kinderwunsch nach hinten geschoben. Ich wurde im Dezember schwanger und hatte im Januar eine Fehlgeburt in der 6. Woche. Das passiert oft bei Frauen mit Autoimmunkrankheiten.
Ohje. Das war bestimmt eine schwere Zeit für dich …
Mittlerweile kann ich gut damit umgehen, am Anfang war es aber eine richtige Krise.
Ich wurde bei total vorbildlichen Schilddrüsenwerten schwanger. Deswegen hat mich die Fehlgeburt total unerwartet getroffen. Auch der TRAK war bei 0.75. Das geht nie auf Null. Mein Problem sind die TPO-Antikörper, die bei vielen Basedowlern erhöht sind.
Mein Endokrinologe sagt, das ist nicht schlimm – solange die anderen Werte passen. Er meint, auch andere Leute, die nichts haben, leben ganz normal mit erhöhten Anti-TPO’s, ohne dass sie das wissen. Aber trotzdem zeugt das davon, dass man einen Entzündungsprozess im Körper hat.
Im Ultraschall sieht meine Schilddrüse ziemlich normal aus, nur rechts hat der Schmetterling einen etwas verformten Flügel. Zweimal jährlich mache ich zur Vorsorge einen Ultraschall und bisher ist alles gut.
Trotzdem kam die Fehlgeburt.
Aber der Endokrinologe sagte, das muss nichts mit der Autoimmunerkrankung zu tun haben. Die Frauenärztin meinte sogar, bis drei Fehlgeburten sei normal, „Da machen wir nichts“. Das wollte ich aber nicht – drei Fehlgeburten bevor etwas gemacht wird!
Daher sind wir ins Kinderwunschzentrum und die machen alle Untersuchungen. Sie haben mich auch zum Immunologen überwiesen. Das kann ich empfehlen.
Was macht der Immunologe denn genau?
Er hat zum Beispiel detaillierte T-Lymphozyten gemessen. Wenn die erhöht sind, kann man einen Abgang haben. Er hat mir seit drei Monaten folgende Therapie verordnet: eine niedrige Dosis Cortison (Prednisolon 5mg) plus Omega 3-Infusion vor und nach dem Eisprung. Das sorgt dafür, dass die Entzündungwerte sinken.
Er sagt, viele Frauen mit egal welcher Autoimmunerkankung (Hashimoto, Schuppenflechte, ganz egal) haben erhöhte T-Lymphozyten, selbst wenn man sich wohlfühlt und gut eingestellt ist. Sonst lebt man damit ganz normal, aber wenn man einen Kinderwunsch hat, soll man an dem Punkt unterstützen.
Auf die geringe Dosis Cortison reagiere ich auch gut. Laut dem Endokrinologen enthält die Infusion auch kein Jod. Und wenn man in Remission ist, schadet Jod in kleinen Mengen auch nicht (aber Jodbomben sollte man trotzdem vermeiden).
Mal schauen, ich finde das einen interessanten Ansatz. Der Schilddrüse hat die Fehlgeburt jedenfalls nicht geschadet, ich hab kein Rezidiv entwickelt. Ein gutes Zeichen!
Was sollte man noch wissen, wenn man einen Kinderwunsch unter Morbus Basedow hat?
Wenn man noch Thiamazol nimmt, dann kann man mit niedriger Dosis schon schwanger werden. Wichtig ist der TRAK. Wenn der erhöht ist, kann man eine Fehlgeburt kriegen. Wenn er bei 1,75 oder 2 liegt, dann kann man mit einem OK des Endokrinologen versuchen, schwanger zu werden.
Besser ist es allerdings, einen solchen Versuch in der Remission anzupeilen.
Man darf sich bloß nicht vom Frauenarzt oder Kinderwunschzentrum einreden lassen, dass man nur mit einem niedrigen TSH schwanger werden kann. Endokrinologen halten da nichts von und sagen, wenn der Wert innerhalb der Norm ist, ist alles gut. Die oberere TSH-Grenze geht aber Richtung Unterfunktion und das ist schlecht. Aber bei uns würde L-Thyroxin alles durcheinander bringen.
Man sollte in der Kinderwunschphase mehr mit Endokrinologen im Austausch stehen als mit Frauenärzten.
Denn Frauenärzte haben nicht so viel Erfahrung mit Basedow. Das zumindest ist meine Erfahrung.
Dein Tipp lautet also, zu verschiedenen Ärzten zu gehen.
Richtig.
Was tust Du noch, um eine erneute Schwangerschaft zu unterstützen?
Enorm wichtig ist für die Schwangerschaft: Ferritin und Eisen prüfen und auffüllen. Bei mir sagte der Endokrinologe, die Aufnahme von beidem hat bei mir nicht so gut funktioniert, weil das Immunsystem auf Hochtouren lief.
Das ist bei mir auch komisch, früher bis 30 Jahre (als ich gesund war) hatte ich drei-, viermal im Jahr eine Erkältung. Schnupfen, Husten, Hals, Infekte. Alle im Herbst und Winter. Seit Basedow habe ich gar nichts, null. Kein Fieber. In Foren hab ich beide Seiten gelesen. Es gibt Leute, die trotz Basedow weiterhin krank werden und solche, denen es geht wie mir. Ich glaube, das ist total individuell vom Immunsystem abhängig. Mein Immunsystem schützt mich wohl so sehr, dass ich von allem mehr verbraucht habe, wie zum Beispiel Eisen. Sagt zumindest mein Endokrinologe. Schon spannend, was da alles abläuft im Körper.
Wichtig in der Schwangerschaft ist außerdem Folsäure. Bitte keine Kombipräparate, weil man mit den Einzelpräparaten besser gezielt auffüllen kann. Das sagen auch die Frauenärzte. Zink, Selen, Folsäure, Eisen. Manches – wie Zink und Selen – soll man im Abstand einnehmen und nicht zusammen.
Wie genau nimmst Du denn deine Nahrungsergänzungsmittel ein?
Ich nehme Eisen auf nüchternen Magen mit Traubensaft und Zitronenwasser – eine flüssige form ist wichtig. Außerdem verdünnt und mit Strohhalm, sonst verfärbt das die Zähne! 😀 B12 dann dazu. Auch B6 für die Eizellen. Und ich denke das ist auch für den ganzen Hormonhaushalt wichtig.
Von Hanföl und Leinöl mit Omega 3 nehme ich zusätzlich täglich einen Löffel, nach der Empfehlung des Endokrinologen. Zink nehme ich nach dem Frühstück, manche nehmen es auch flüssig vor dem Frühstück.
Selen gibt’s vor dem Abendessen, Magnesium vor dem Schlafengehen. Und Vitamin D zum Frühstück im Müsli mit dem Öl (Anmerkung: siehe oben, Lein- und Hanföl) dazu, da es fettlöslich ist.
Manchmal mache ich ein Magnesiumbad, um das Magnesium über die Haut aufzunehmen. Oral nimmt es der Körper wohl weniger gut auf. Wenn man die Füße für 20 Minuten in solch ein Bad hält, wird wohl viel mehr aufgenommen.
Zum Thema Kräuter: in der Überfunktion habe ich abends viel Melisse getrunken, das beruhigt, ist gut für’s Herz und gut für’s Einschlafen. Manchmal trinke ich das heute noch, selbst wenn ich es nicht bräuchte.
Welche Symptome waren bei dir eigentlich am stärksten ausgeprägt?
Mein größtes Problem in der Überfunktion war mein Schwitzen. Ich habe mich geschämt, es war so extrem! Und ich bin schlank. Ich hab auch am Kopf geschwitzt, am Rücken, auf der Stirn, einfach alles. Später hatte ich eine richtige Schweißphobie entwickelt. Schon nachdem später alles gut war und ich dann mal wieder angefangen habe zu Schwitzen, dachte ich: „Oh Gott, jetzt kommt es wieder!“ Ab und zu schwitze ich auch heute noch vor den Tagen.
In der ersten Diagnose habe ich jeden Morgen schon nach dem Aufstehen geschwitzt. Ich bin aufgestanden, bin ein paar Schritte gegangen und war schon durchgeschwitzt. Ich hab in der früh alles nackt in der Wohnung gemacht. Selbst im Winter. Ich hatte richtig Hitzewallungen. Auch im Rezidiv war es nicht mehr so schlimm.
Das heißt also, Du hast die Erfahrung gemacht, dass wenn man zwei Ausbrüche hat, man auch unterschiedliche Symptome haben kann?
Ja, richtig. Oder sie waren einfach noch nicht richtig ausgeprägt. Oder ich kannte meinen Körper beser. Ich hab ein bisschen angefangen zu schwitzen und bin sofort zur Blutabnahme. Da wusste ich, dass der Basedow wieder wach war.
Aber das war alles noch nicht so extrem, weil es rechtzeitig entdeckt wurde. Das Schwitzen war Symptom Nummer 1, das mich so richtig belastet hat. Ich hatte zum Beispiel nie was mit den Augen, auch meine Tante nicht. Schwitzen und innere Unruhe haben mir zu schaffen gemacht.
Ich hatte auch nie Probleme mit Herzrasen, war sogar zur Vorsorge beim Kardiologen und ich hab nichts. Das Cholesterin ist auch gut, obwohl das bei Stoffwechselerkrankungen häufig schlecht ist. Gut alle 2 Jahre würde ich empfehlen, zum Kardiologen zu gehen.
Hattest du Probleme mit Gewichtsverlust?
Ja, ein paar Kilo hab ich abgenommen. Einfach, weil ich schneller verdaut habe. Statt einmal am Tag musste ich dreimal auf die Toilette. Und ich hab viel mehr gegessen. Ich war ständig hungrig. Ich war extrem hungrig.
Ich glaube aber es ist gut, wenn man das Ganze schon einmal hatte und dann weiß was auf einen zukommt, sodass man einfach nicht mehr so die Angst davor hat. Ich glaube, es ist wichtig, den Basedow schnell zu entdecken. Denn je länger man die Symptome hat, desto schwerer belastet wird der Körper, glaube ich.
Hattest Du jemals eine Struma?
Nein. Hatte ich nie.
Beim ersten Mal hatte ich aber Schnappatmung. Ich bin nachts aufgewacht und musste husten und stark Luftholen. Ich hatte den Eindruck, dass ich kurzzeitig nicht geatmet hatte. Mein Freund ist davon sogar wach geworden.
Die Schilddrüse war natürlich vergrößert und entzündet, aber nicht so übermäßig vergrößert.
Fortsetzung folgt!
Danke Linda, für diesen tollen zweiten Teil des Interviews 🙂
Hier geht’s zu Teil 3 🙂
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