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Operation bei Basedow: Ja oder Nein?

Häufig werde ich von anderen Betroffenen gefragt, ob eine sogenannte „endgültige Therapie“ – also Operation oder Radiojodtherapie – bei Basedow sinnvoll ist. Zunächst einmal ganz wichtig: Ich bin keine Ärztin! Daher kann ich hier nur meine ganz persönliche Meinung vorstellen.

Es gibt bei diesem Thema kein Schwarz und Weiß. Ob eine Entfernung/Zerstörung des kranken Schilddrüsengewebes sinnvoll ist, hängt von ganz vielen Faktoren ab.

Im heutigen Beitrag beleuchte ich zunächst die Operation. Hier gibt’s den ergänzenden Artikel zur Radiojodtherapie.

Wann die Operation sinnvoll ist

Am häufigsten wird eine Operation der Schilddrüse empfohlen, wenn Du nach einer zunächst erfolgreichen Behandlung mit Medikamenten einen Rückfall erleidest. Manchmal empfiehlt dein Arzt dann einen weiteren medikamentösen Versuch, in der Regel wird er Dir aber zur Operation raten.

Warum? Weil bei Dir die Wahrscheinlichkeit für häufige Rückfälle recht hoch zu sein scheint. Die OP – und das ist ihr größter Vorteil – verhindert diese Rückfälle zu 95% (sogenannte Rezidive).1 Vorausgesetzt, die Schilddrüse wird vollständig entfernt. Dann brauchst Du nie wieder Angst vor erneuten Symptomen zu haben.

Kein Zittern mehr vor Blutabnahmen, was auch gut für die Psyche ist.

Keine Angst vor stressigen Lebensphasen.

Planungssicherheit. Ja, auch das ist ein Punkt. Dein Leben wird natürlich ein Stück weit planbarer, wenn Du sicher sein kannst, nie wieder Symptome einer Überfunktion zu entwickeln.

Auch, wenn Du die Medikamente nicht verträgst, ist die Operation womöglich der einzig mögliche Ausweg (neben der Radiojodtherapie). Thiamazol, Propycil und Co gehen beispielsweise gern und häufig auf die Leber, so wie bei mir. Und die Leber ist ein unersetzliches Organ. Eine Schilddrüse hingegen kannst Du – wenn auch niemals optimal – mit einer Hormonersatztherapie halbwegs ersetzen2.

Ich weiß. Auch die Schilddrüse ist ein sehr wichtiges Organ. Darauf gehe ich weiter unten nochmals ein. Aber. Wenn es hart auf hart kommt und man sich zwischen Leber und Schildi entscheiden muss, würde ich mich für die Leber entscheiden. Denn während Du beim Verlust der Schilddrüse „lediglich“ täglich Tabletten schlucken müsstest, würde ein Verlust der Leberaktivität die Transplantation eines neuen Organs bedeuten. Da zöge ich die Tabletten vor.

Basedow Operation

Hast Du einen Basedow mit Augenbeteiligung, also endokriner Orbitopathie? Da scheiden sich die Geister. Manchmal kann eine Operation die „Glubschaugen“ deutlich verbessern. Doch Vorsicht! Es gibt auch Fälle, bei denen das Gegenteil eintrat.1

Mit 99 %-iger Wahrscheinlichkeit wird es für dich nicht zutreffen, aber: Wenn Du mit einer Hormonvergiftung (der sogenannten thyreotoxischen Krise) ins Krankenhaus eingeliefert wirst, ist die OP der vermutlich beste und einzig mögliche Weg. Einfach, weil deine Symptome derart heftig sind, dass für Medikamente keine Zeit mehr bleibt. Dieser Fall ist aber sehr, sehr, sehr selten.1

Eine Operation ist außerdem sinnvoll, wenn der Verdacht auf bösartige Knoten in der Schilddrüse besteht. Logisch. In dem Fall würde ich sowieso immer eine OP machen.1

Manch einer hat durch den Basedow auch einen recht großen Kropf (Struma). Der kann richtig nervig werden, nicht nur aus ästhetischen Gründen. Denn mit Struma hat man manchmal auch echte Schluck- und auch Atembeschwerden, vom ständigen Fremdkörpergefühl mal ganz abgesehen. Häufig bildet sich der Kropf mit der Zeit zurück. Bleibt er aber, wird aber eine operative Entfernung in Erwägung gezogen1.

Generell gilt – soweit ich weiß – die Faustregel: Je jünger Du beim erstmaligen Ausbruch deines Basedow bist, desto wahrscheinlicher wird Dir eine OP vorgeschlagen. In medizinischen Kreisen herrscht die Auffassung, dass die Rückfallwahrscheinlichkeit in jungen Jahren höher ist. Daher werden wohl gerade Kinder und Jugendliche eher operiert als Erwachsene.1

Was gegen die Operation spricht

Der wichtigste Punkt wäre für mich natürlich: Die OP entfernt ein lebensnotwendiges Organ. Für immer. Vor allem bei der vollständigen Entfernung der Schilddrüse (meistens auch bei der teilweisen) ist eine lebenslange Unterfunktion die (durchaus gewollte) Folge1.

Wie ich oben bereits erwähnt habe, ist es heutzutage zwar gut möglich, die fehlenden Hormone künstlich zu ersetzen. Aber diese Lösung bleibt in meinen Augen eine Krücke. Ich finde es unmöglich, die Hormone von Hand so fein zu dosieren, wie es die Schilddrüse tut. Die Schilddrüse schüttet – wenn sie wieder im Lot ist – genau die richtige Hormonmenge aus, immer angepasst an die jeweilige Situation. Wie soll man das mit einem Tabletteneinnahmeplan erreichen?

Basedow Operation

Damit komme ich zum nächsten, nah verwandten Punkt. Die Einstellung der Hormontabletten nach einer OP kann sehr schwierig, sehr langwierig und zermürbend sein. Du musst dich Zeit deines Lebens auf regelmäßige Blutkontrollen und ggf. Anpassungen in der Dosierung einstellen.1

Du wirst lebenslang auf Tabletten angewiesen sein, musst diese jeden Tag einnehmen und regelmäßig besorgen. Darfst sie bei Urlaubs- und Geschäftsreisen nicht vergessen.

Daneben bestehen natürlich die üblichen Komplikationsrisiken, wie sie bei jeder OP anfallen. Speziell bei der Entfernung der Schilddrüse ist eine Verletzung der Nebenschilddrüsen möglich. Auch deine Stimmbänder könnten in Mitleidenschaft gezogen werden. Viele Operierte klagen gerade über Letzteres. Manchmal braucht es Monate des gezielten Trainings, um die normale Stimmfunktion wiederzuerlangen.1

Du hast eine Endokrine Orbitopathie? Diese kann sich mit einer OP verbessern, aber auch verschlechtern. Man weiß von beiden Fällen.1

Zu guter Letzt solltest Du Dir bewusst sein, dass mit dem Wegschneiden der Schilddrüse nicht die eigentlichen Ursachen des Basedow bekämpft werden. Sondern nur die Symptome. Falls Du dich für eine OP entscheiden solltest, rate ich Dir, dennoch die Ursachen anzugehen. Mach nicht den Fehler, den vermeintlich leichteren Weg zu nehmen, um der langwierigen und manchmal mühsamen Ursachensuche zu entgehen. Denn sonst hast Du in meinen Augen nichts gewonnen.

Basedow Operation

Warum ich keine Operation gemacht habe

Bei mir sah es schon nach kurzer Zeit ganz danach aus, als würde eine OP notwendig werden. Denn wie ich soeben schon erzählt habe: Die Standard-Medikamente Thiamazol und Propycil schlugen mir voll auf die Leber. Mein Arzt hatte mir schon geraten, mich mit dem Gedanken an einen Eingriff anzufreunden.

Warum es nie dazu kam?

1.) Weil ich nicht wollte.

Buchstäblich „ums Verrecken nicht“. Ich konnte und wollte nicht glauben, dass schon wenige Wochen nach der Diagnose so ein harter Schnitt gemacht werden sollte. Und das, wo ich doch gerade erst angefangen hatte, den Basedow richtig zu verstehen.

Ich hatte gerade erst mein Maßnahmenpäckchen mit jodfreier Ernährung, Yoga, Meditation und Stressbeseitigung geschnürt. Es war mir wichtig, vor einem nie mehr rückgängig zu machenden Eingriff alles versucht zu haben. Meine Schilddrüse sollte eine Chance bekommen, sich mit sanfter Unterstützung wieder selbst einzurenken.

Mein Gedanke war: „Wenn das nicht klappen sollte, kannst Du ja immer noch eine OP machen.“ Ich sah den Basedow als Hinweis darauf, dass ich mein Leben nicht so geführt hatte, wie ich es hätte führen sollen. Der Basedow war mein Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich etwas ändern musste. Und ich wollte wissen, ob es wirklich so war. Ob er sich mit dieser Einsicht in den Griff bekommen ließ. Hätte ich eine OP gemacht, hätte ich nie gewusst, ob meine Maßnahmen die richtigen gewesen waren.

2.) Weil mein Arzt auf Irenat kam.

Heute glaube ich, meine damals sturköpfige Einstellung gegenüber der OP hat ihm nochmal dabei geholfen, sich an das Zeug zu erinnern. Noch heute höre ich seine Stimme am Telefon. Es gäbe noch eine Möglichkeit, aber sie sei nicht sehr schön. Bekannt für ihre vielen Nebenwirkungen … Werde deshalb heutzutage kaum noch verschrieben … Sei eher vor mehreren Jahrzehnten im Einsatz gewesen … Sehr engmaschige Blutkontrollen erforderlich … Der Stoff sei richtig widerlich zu schlucken.

Und wie es manchmal so im Leben ist, trat das völlig Unerwartete ein 🙂 Bei der verhältnismäßig gut verträglichen Standardmedikation schrie mein Körper „NEIN!“ Aber das aggressive Zeug war dann super. Komischer Körper!

Das Irenat gab den Anstoß und die Änderung der Lebensführung (Ernährung, Stressreduktion, der Gang zum Heilpraktiker und vieles mehr) tat ihr Übriges. Nach kurzer Zeit konnte ich den kleinen Retter wieder absetzen und habe seitdem prima Schilddrüsenwerte.

Ich bin froh, mich gegen die OP gewehrt zu haben. Für mich war es der richtige Weg. Ob es auch der richtige Weg für dich ist, musst letztlich Du selbst entscheiden. Diese Last kann Dir niemand abnehmen. Es gibt Leute, für die ihre Operation eine Erlösung war. Wieder andere fühlen sich danach eher schlechter als zuvor (wobei ich von diesen Fällen seltener höre). Wie bei quasi allen Fragen rund um den Basedow gibt es auch hier keinen Königsweg für alle. Dafür ist er einfach zu individuell.

Trotzdem hoffe ich, Dir mit diesem Beitrag ein wenig weitergeholfen zu haben.

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Bitte beachte: Ich bin keine Ärztin, Heilpraktikerin oder dergleichen, also kein Fachmensch. Alle meine Beiträge basieren auf meinen eigenen Erfahrungswerten und über die Zeit gesammeltem Wissen.

  1. Vgl. „Operation“ unter: https://www.morbusbasedow.de/index.php/therapie/operation (abgerufen am 11.05.2022)
  2. Vgl. Schrör, Sabine: „L-Thyroxin“ unter https://www.netdoktor.de/medikamente/l-thyroxin/ (abgerufen am 11.05.2022)
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